Bernd Caspar Dietrich: Der Sandmaler.

Seit rund 30 Jahren beschäftigt sich Bernd Caspar Dietrich mit Sand. Die kristalline Form des Sandes ermöglicht dem Künstler eine Textur synästhetischer Tiefen und Temperamente zu erschaffen, mit der er den Blick des Betrachters zu einem immer währenden Dialog einlädt. „So ist der zarte, feine Sand, wie man ihn am Strand und in der Wüste findet, sein wichtigster Zusatz, den er den Farbpigmenten beimischt“, schreibt der Kunsthistoriker Dr. Helmut Orpel. „Die Grundierungen, die er mit dieser Mischung erzeugt, werden immer wieder abgeschliffen und mit frischen Schichten überzogen. Es entsteht eine sphärische Transparenz, die zur Bühne wird, auf der rätselhafte Gestalten ihr Spiel treiben. (...) Durch diesen Bildaufbau bekennt sich Dietrich zu der Geschichtlichkeit der Malerei und zu deren Verwurzelung in der Welt des Handwerks und der Idee.

Sand ist für viele Menschen ein unscheinbarer Rohstoff und gehört doch neben Öl und Wasser zu den wichtigsten Ressourcen unserer Zivilisation. Zwei Drittel der Menschen leben in Gebäuden, deren Grundlage Sand ist. Kein Handy oder Computer würde ohne Sand funktionieren, kein Auto fahren, kein Flugzeug fliegen und auch kein Satellit im Weltraum schweben. Im Laufe seines künstlerischen Schaffens und seiner Reisen hat Bernd Caspar Dietrich mit immer wieder neuen Sandarten, Quarzkörnern, Sandkorngrößen, Leim-Varianten, Formen und Farben experimentiert, um seine Technik zu perfektionieren und Sandarten zu qualifizieren - vom klassischen Vogelsand, über Wüsten- und Gletschersand, bis hin zum „normalen“ Sand im Umfeld seiner wechselnden Ateliers. Die Universität Calgary und das Alberta College of Art & Design luden ihn 1998 als Artist in Residence nach Kanada ein, um Studierenden traditionelle Freskotechnik und Sandmalerei zu vermitteln. Als Sprecher des Fundraising Programms initiierte er zahlreiche transatlantische Künstler-Symposien und Kunstaktionen, die ihn in Kooperation mit der kanadischen Botschaft unter anderem nach Berlin, Potsdam und Weimar führten.

Als Gast-Professor beendete er 2002 seine fünfjährige Zeit in Kanada und begab sich auf eine Expeditionsreise nach Australien, Thailand, Kambodscha und letztlich zurück an die deutsche Ost- und Nordsee Küste. Mit Unterwasser- und Form-Experimenten an der Ostsee brachte er seine Leinwände 2000 erstmalig in den öffentlichen Raum und folgte dem Drang, seine Bild- und Formsprache dreidimensional und skulptural weiterzuentwickeln. Eine raumgreifende, freischwingende Sand-Kugel Installation 2001 am Strand von Zingst bildeten den Auftakt einer jahrelangen Auseinandersetzung mit geometrischen Formen. Während die Kugel aus künstlerischer Sicht nach wie vor zweidimensional als Kugeloberfläche zu bearbeiten ist, reicht der Kugelkörper in die Tiefe des Raums und ist dreidimensional. 2002 untersuchte Bernd Caspar Dietrich in einem großzügigen Strandatelier die Form des vielflächigen Würfels in Form eines 3,50 x 3,50 Meter Kubus am Strand von Zingst. Es sollte der erste Kubus sein, den er 2013, gut zehn Jahre später erstmalig als im Boden versinkender und auf der Spitze ruhender Spiegel-Kubus mit dem gestalterischen Ausgangsmaterial Sand in einem Sammlerpark errichtete.

2004 verlegte Bernd Caspar Dietrich sein Haupt-Atelier in die Nähe von Sand- und Kies-Abbaufelder in das Naturschutzgebiet, Kirchhellener Heide im nördlichen Ruhrgebiet, 30 Minuten entfernt von den Metropolstädten Düsseldorf, Dortmund und Essen. Die strategische Lage mitten in der Metropole Ruhr und dennoch auf dem Land, bieten ihm heute ideale Voraussetzung für eine weitere synästhetische, wie ebenso geometrische, physikalische und architektonische Erforschung seines Gestaltungsmaterials Sand, ob auf Leinwänden, in seinen skulpturalen Möglichkeiten und nicht zu- letzt in seiner kulturgeschichtliche Symbolik des Spiegels zwischen konvexen und konkaven Perspektiven, zwischen Selbstreflektion und Erkenntnis. Er selbst sieht sich in der Tradition der Künstlergruppe ZERO. Ein 4,50 Meter hoher Spiegelkubus mit sieben aufgesetzten Spiegel-Körpern wurde im August 2014 in Neukirchen-Vluyn errichtet.